Die Geschichte eines Gast- und Wirtshauses
Thomas Gmür, Luzern 2001
Baugeschichte
Das Haus (Katasternummer 325 der Stadt Luzern) wurde von Niklaus Amlehn 1553 entweder neu- oder umgebaut. Der damalige Architekt ist nicht bekannt. Das Haus grenzte nördlich an die Furrengasse, südlich an die Reuss, westlich an das ehemalige „Schwyngässchen“ und östlich an das Haus Nr. 324, mit welchem es heute verbunden ist. Das Gässchen war vielmehr eine Stiege als ein befahrbarer Weg zwischen den beiden Wohnhäusern, dem heutigen „des Alpes“ und dem „Mr. Pickwick Pub“, dem früheren Hotel Federal und führte direkt zum Wasser. Gemäss einem Servitut musste das Tor zu dieser Stiege hin bei Feuergefahr geöffnet sein, weshalb der Besitzer des Hauses Nr. 328 ebenfalls einen Schlüssel zu diesem Tor besass. Der Rathausquai existierte damals noch nicht, erst um 1900 wurde er in seiner heutigen Form aufgeschüttet. Die Wohnhäuser der Furrengasse lagen am Ufer der Reuss. Die Hausabwasser mündeten direkt in die Reuss, was zuweilen bei tiefem und trägem Wassergang einen unerfreulichen Anblick bot. Die Hauptfront des Hauses zur Furrengasse hin ist nur wenig verändert, später aber purifiziert worden. In den Jahren 1874/75, als das Gebäude in ein Hotel umfunktioniert wurde, entstand die Fassade zur Reuss hin grösstenteils neu. Einerseits erhöhte der Architekt, Albert Meyerhofer, das Gebäude um ein Stockwerk, andererseits entstanden im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss durchlaufende Balkone. Mit diesen Umbauten schloss sich die Architektur an ähnliche Hotelbauten aus dieser Zeit an. Der Wettbewerb der Hotellerie war am Reussufer, zum Schwanenplatz bis hinaus zum Palace eröffnet. Der Giebelaufbau und der südländisch anmutende, loggiaähnliche Umbau des 4. Obergeschosses stammen aus dem Jahre 1908. Ein nächster umfassender Eingriff erfolgte 1991 durch die Architekten Tüfer + Grüter + Schmid mit dem Durchstoss der Brandmauer zum Bell-Haus an der Furrengasse 1, womit auch das Hotel vergrössert werden konnte. Wo einst die Schlachterei der Metzgerei lag, ist heute nun ein Restaurant. Die Brandmauern zwischen den beiden Häusern hätten möglicherweise genauere Hinweise auf die Baugeschichte liefern können. Noch bestehende Brandmauern im Innern des Hotels können uns diese Informationen aber immer noch liefern.
Durch den Umbau in ein Hotel entstanden im Erdgeschoss zwei Speisesäle, die bedeutungs- und wertvoll für die Hotellerie der Jahrhundertwende in der Stadt Luzern sind. Erste Nachrichten über den Innenausbau des Hotels sind erst 1833 greifbar, als die Stadt für das Stadtgericht Säle und Zimmer einrichten liess. Der damalige Architekt war Plazid Segesser von Brunegg. Ob und wann in diesem Gebäude auch Gericht gehalten wurde, kann nicht mehr bestimmt werden. Später wurden Wohnungen (für die Familie Schobinger), Hotelzimmer, Magazinräume etc. frisch eingebaut.
Besitzer
An St. Martin 1552 verkaufte Elisabeth Ratzenhofer, Tochter und Erbin des Niklaus Ratzenhafer, bevogtet von Hans Glesting, das Haus an Niklaus Amlehn. Die Liegenschaft bestand damals aus einem Haus, einer Hofstatt und einem Stall und lag direkt neben dem neuen Wohnhaus der Elisabetha Ratzenhofer. Niklaus Amlehn, der neue Besitzer, liess das Gebäude 1553 entweder neu- oder umbauen. Amlehn war 1560 bis 1566 Schultheiss, 1573 floh er – verstrickt in den sogenannten Pfyffer-Amlehn-Handel – vor einem Prozess nach Unterwalden, wurde ehr- und wehrlos erklärt und starb 1584 als letzter des regimentsfähigen Luzerner Zweiges der Amlehn. 1676 ist Dorothea Meyer als Besitzerin überliefert. Sie liess das neue Tor zum westlich angrenzenden „Schwyngässchen“ erstellen. Dieses Gässchen, wohl eher eine Stiege, ist auf dem Martiniplan von 1597 noch zu sehen. Weitere Besitzer sind aus dieser Zeit nicht überliefert. Weder sind Kaufverträge, noch Testamente greifbar.
Im 18. Jahrhundert wohnte der jeweilige Stadtschreiber in diesem Haus, das Haus scheint also irgendwann in städtischen Besitz gewechselt zu haben. 1838 veräusserte die Stadt das Haus an die Korporationsgemeinde, welche es 1846 an den Entlebucher Küfermeister Josef Wicki verkaufte. Wicki trat das Haus zum gleichen Preis bereits eine Woche später an Christian Liechti-Schobinger ab. Wohl weil Liechti ein reformierter Berner war, trat Wicki als Strohmann auf. Von den Erben des Christian Liechti gelangte das Haus 1850 an den Luzerner Handelsmann Ignaz Minder. Der Weinhändler Heinrich Schobinger-Gloggner ersteigerte 1878 die Liegenschaft aus der Konkursmasse lgnaz Minders für sich und seine Familie als Wohnhaus. Von 1878 bis 1882 bewohnte auch Joseph Anton Schobinger (1849-1911), von 1908 bis 1911 Bundesrat, dieses Haus. 1907 wechselte das Haus, nunmehr zum Hotel des Alpes mutiert, erneut den Besitzer. Aus dem Besitz der Gebrüder Joseph Anton und Albert Schobinger gelangte das Haus nun in die Hände von Caspar Troxler, seit 1901 Wirt des Hotels des Alpes. 1922 erbte Emil Troxler das Hotel. Von seinen Erben gelangte es für kurze Zeit in den Besitz der Schweizerischen Volksbank, ehe es 1943 der Hotelier August von Holzen kaufte. Ab 1950/51 trat Werner Durrer (1885-1958) als Besitzer des Hotels auf. Seine Erben kontrollieren die heutige Eigentümerin, die Hotel des Alpes AG.
Stadtschreiberei
Die Stadtschreiberei war ursprünglich, d.h. ab dem frühen 15. Jahrhundert, im Klauserhaus (Metzgerrainle 9) untergebracht, neben dem alten Rathaus, dort wo sich heute das Hotel des Balances oder Hotel zur Waage befindet. Frühere Überlieferungen über den Standort des Rathauses oder der Stadtschreiberei sind nicht bekannt. Mit dem Bau eines Korn- und Kaufhaus am Kornmarkt dislozierte auch die Stadtschreiberei in diese neuen Gebäude, welche ab etwa 1460 das Rathaus beherbergten. Dieses erste Rathaus am Kornmarkt wurde sodann 1602 durch einen Neubau ersetzt. Im 18. Jahrhundert ist das Haus an der Furrengasse 3 als Stadtschreiberei erwähnt, ehe das Stadthaus für kurze Zeit an den Graben zu stehen kam. Heute ist die Stadtkanzlei im Stadthaus am Hirschengraben untergebracht.
Die Stadtschreiberei umfasste mehrere Ämter, welche aber wirklich im Haus an der Furrengasse ausgeführt wurden, ist unklar. Der Stadtschreiber war ein Amt, welches im Alten Luzern hoch angesehen war. Als neutrale Person durfte er keine anderen politischen Beamtungen innehaben. Ursprünglich übte dieses Amt jeweils ein Mönch oder Kleriker aus. Mit dem Wachsen Luzerns brauchte es nunmehr auch einen ständigen Schreiber. Ab dem 15. Jahrhundert kennt die Stadt einen ständigen weltlichen Schreiber. Da Luzern bis 1798 ein Stadtstaat war, fungierte der Schreiber, vor allem im 18. Jahrhundert, als Staatsschreiber. 1427 ist erstmals ein Unterschreiber erwähnt, zur Entlastung des Stadtschreibers. Für die Niederschrift bei Ratssitzungen zog man später einen Ratssubstituten oder Ratsschreiber herbei. Um die Hauptschreiber besser zu kontrollieren, führte der Rat 1595 einen Vogtschreiber ein, der künftig mit den Vögten mitritt, damit der Stadtschreiber sich mehr der Ratsschreiberei widmen konnte. In der Stadtkanzlei waren aber noch andere Beamtete tätig. Das Haus an der Furrengasse scheint aber für die Beherbergung der ganzen Kanzlei zu klein. Es ist anzunehmen, dass nur der Hauptschreiber im Hause wohnte und seine Arbeit verrichtete. Im 18. Jahrhundert sind uns folgende Stadtschreiber überliefert, die möglicherweise das Haus am Rathausquai bewohnten:
- 1706-1712 – Jost Bernhard Hartmann (1685-1752), Kleinrat, Schultheiss
- 1712-1722 – Anton Leodegar Keller (1673-1752), Kleinrat, Landschreiber zu Locamo
- 1723-1727 – Franz Urs Balthasar (1689-1763), Kleinrat, Bauherr, Gründer der Helvetischen Gesellschaft
- 1728-1750 – Josef Anton Leodegar Keller (1697-1782), Kleinrat, Pannerherr, Schultheiss
- 1751-1766 – Johann Martin Franz Anton Keller (1703-1766), Schweizergardist, Oberst in Savoyen
- 1766-1789 – Karl Martin Keller ( + 1789), Vogt zu Mendrisio
- 1789-1798 – Alphons Josef Alois Johann Baptist Pfyffer von Heidegg (1753-1822), Mitglied des helvetischen Direktoriums, Grassrat
Hotel
1874/75 baute der Luzerner Handelsmann lgnaz Minder das Wohnhaus in ein Hotel um. Doch die Zeit als Hotel war nur kurz, denn bereits 1878 geriet Minder in Konkurs. Das Hotel und Cafe Minder schloss. Von 1878 bis 1882 ist sodann die Spanische Weinhalle, ab 1882 eine Bayrische Bierhalle in den Räumlichkeiten des Wirtshauses nachgewiesen. Ob der Weinhändler Heinrich Schobinger zwischenzeitlich auch selbst wirtete, ist nicht sicher. Jedenfalls benutzte die Familie das Gebäude als Wohnhaus. Kurz vor der Jahrhundertwende beherbergte das Haus das Cafe du Pont, bevor es 1901 zum heutigen Hotel des Alpes mutierte. Das Wirtsrecht erhielt das Haus von der ehemaligen „Taverne zum Stein“. Diese Wirtschaft am Schwanenplatz (Ecke Wagenbachgasse) führte Josef Alois Siegwart; er benannte seine Taverne noch in „Des Alpes“ um, ehe er 1872 nach einem Konkurs nach Amerika auswanderte. Danach wechselte diese Taverne mehrmals den Besitzer, bevor es 1899 dem Neubau von Goldschmied Bossard weichen musste. Der Name des Hauses und der Passage zum Stein erinnern heute noch an die alte Wirtschaft am Schwanenplatz. Ursprünglich stand die Taverne Zum Stein am Franziskanerplatz, dort wo heute das Finanzdepartement steht. Eine erste Erwähnung dieser Weinschenke reicht ins Jahr 1522 zurück.
Mit der Eröffnung des Hotels des Alpes 1901 weitet sich der touristische Kern der grossen Hotels am Schweizerhof- und Nationalquai hinein in die Luzerner Altstadt aus. Mehrere kleinere Hotels und Pensionen, die um die Jahrhundertwende die Vorzüge des blühenden Fremdenverkehrs nutzen, sind Zeichen dafür. Andere Hotels haben im 20. Jahrhundert eine wechselvollere Geschichte als das Hotel des Alpes, welches nun seit hundert Jahren als Gaststätte in Betrieb ist und heute noch dem Fremdenverkehr und dem Tourismus dient.